Mit den Stimmen der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD legte der Deutsche Bundestag im Jahr 2009 mit dem Zensusgesetz 2011 eine Volkszählung fest, für die bereits umfangreiche Vorbereitungen und Datensammlungen laufen.
Die Volkszählung 2011 stützt sich, anders als 1987, vor allem auf die Zusammenführung der Datensammlungen der Meldeämter und der Bundesagentur für Arbeit.
Diese werden gespeichert und mit Hilfe von vereinheitlichen Ordnungsnummern verknüpft und mit Daten aus einer gleichzeitig neu erstellten Wohnungsdatenbank zusammengeführt. Dazu müssen alle Eigentümer von Gebäuden und Wohnräumen detaillierte Angaben zu Eigentumsverhältnissen, Größe und Ausstattung der Wohnungen und zu den Mietern bzw. ihren Wohnungen machen.
Zusammen mit einer stichprobenartigen Befragung von etwa 10% der Bevölkerung (“Haushalte-Stichprobe”) sowie einer weiteren höchst umstrittenen vollständigen Befragung so genannter “Sonderbereiche” werden etwa ein Drittel der Bevölkerung direkt mit mindestens einem Fragebogen konfrontiert werden.
Wo liegt das Problem?
- Die Informations- und Aufklärungspolitik der Behörden ist mehr als mangelhaft. Millionen Euro teure PR-Kampagnen liefern keinerlei Informationen über den tatsächlichen Umfang der Volkszählung und die Betroffenheiten. Dass bereits im letzten Jahr eine vollständige Zusammenziehung von Meldeamtsdaten aller in Deutschland gemeldeten Menschen vorgenommen worden ist, ist so gut wie niemandem bekannt. Das verstößt aus unserer Sicht den Anforderungen aus dem Volkszählungsurteil von 1983.
- Etwa ein Drittel aller in Deutschland ansässigen Personen werden zur Beantwortung umfangreicher Fragebögen gezwungen. Bei Nichtbefolgung drohen die Behörden mit Buß- und Zwangsgeldern.
- Zahlreiche sensible persönliche Daten werden aus zahlreichen Quellen ohne Ihre Einwilligung oder Benachrichtigung zusammengeführt. Die Daten von Meldeämtern und Behörden werden somit zweckentfremdet.
- So wird in der neuen zentralen Datensammlung beispielsweise (zeitweise) namentlich erfasst und gespeichert, wer alles in Deutschland eine das Leib und Leben schützende Auskunftssperre eingerichtet hat: Menschen aus Zeugenschutzprogrammen, ehemalige Nazis und Radikale, Stalking-Opfer, bestimmte Richter oder Prominente sind davon betroffen.
- Die Erhebung ist streng genommen nicht anonym, da Rückschlüsse auf Ihre Identität möglich sind, solange diese Daten existieren (bis zu vier bzw. sechs Jahre lang nach der Erfassung). Aus technischer Sicht betrachtet entsteht ein zentral verfügbares Personenprofil aller in Deutschland ansässigen Personen.
- Selbst nach einer Entfernung persönlicher Angaben aus der Datenbank lassen sich aus den “anonymisierten” Daten mit Hilfe von Computern und Informationen aus anderen Quellen Re-Identifizierungen vornehmen. Eine echte Anonymisierung ist also nicht gegeben.
- Die zentrale Verfügbarkeit der Personenprofile weckt Begehrlichkeiten bei Staat und Wirtschaft. Außerdem haben die Datenschutz-Skandale der vergangenen Jahre gezeigt, dass das Missbrauchspotenzial einmal angelegter Datensammlungen enorm ist.
- Die Befragungen der Haushaltestichprobe gehen über den von der EU geforderten Umfang hinaus: Z. B. das Merkmal der Religionszugehörigkeit und die (einzige freiwillige) Frage zur Weltanschauung und zum Glaubensbekenntnis, die insbesondere Menschen muslimischen Glaubens besonders differenzierend aufschlüsselt. Auch die Fragen nach Migrationshintergrund erstrecken sich weit über das hinaus, was in der zweifelhaften europäischen Richtlinie gefordert wird.